Die Gemeine oder auch Gewöhnliche Wegwarte ist eine mehrjährige heimische Wildpflanze mit hohem Nutzen für Mensch und Natur. Aus ihr wurden zahlreiche Kulturformen gezüchtet, die heute als Gemüse erhältlich sind. Hier erfahrt ihr alles über diese faszinierende Pflanze.
Beschreibung
Die Zichorie (Cichorium intybus), ein anderer Name für die Wegwarte, ist ein sogenannter Hemikryptophyt. Das bedeutet, dass ihre Knospen den Winter nahe der Erdoberfläche unter der Laubschicht geschützt überdauern. Die Pflanze bildet eine dicke, sehr lange Pfahlwurzel aus, in der sie Nährstoffe speichert. Die Grundblätter stehen in einer dichten Rosette am Boden, werden bis zu 25 cm lang, sind gezahnt, unterseitig behaart und lassen sich ohne den Blütenstand leicht mit Löwenzahn verwechseln. Die oberen Stängelblätter sind länglich und ungezahnt. Die fast blattlosen Stängel, die die Blüten tragen, erreichen eine Höhe von 30 bis 140 cm und können manchmal sogar bis zu 200 cm hoch wachsen. Die Blütezeit erstreckt sich von Juni bis Oktober, selten bis in den November.
Die Wegwarte hat auffällige, strahlend blaue Blüten mit einem Durchmesser von 3 bis 5 cm. Es handelt sich, wie bei Korbblütlern üblich, um Sammelblüten, also viele einzelne Blüten, die in einem Blütenstand zusammengefasst sind. Anders als bei der Sonnenblume gibt es hier jedoch nur sogenannte Zungenblüten. Das bedeutet, dass jede Einzelblüte eine im oberen Bereich verwachsene Zunge aus Kronblättern besitzt. Bei der Sonnenblume gibt es hingegen viele Röhrenblüten im Zentrum, denen dieser Schauapparat fehlt.
Der Blütenstängel ist vierkantig, meist grün, kann aber auch rötlich werden. Sowohl die Wurzeln als auch die Blätter und Stängel führen einen weißen, kautschukhaltigen Milchsaft, der Fressfeinde abschrecken soll.
Vorkommen
Wie der Name andeutet, ist die Wegwarte häufig an Wegesrändern zu finden. Als Pionierpflanze sind hier die Bedingungen für ihr Wachstum optimal: Die umgebende Vegetation ist niedrig, es gibt reichlich Licht und Wärme, und ihre am Boden liegende Blattrosette hält selbst gelegentliches Übertreten aus. Auch kalkhaltiger, stickstoffreicher und trockener Boden macht ihr nichts aus.
Ihr natürliches Verbreitungsgebiet umfasst Europa, Nordafrika und Zentralasien. Großbritannien und Irland zählen interessanterweise nicht zur ursprünglichen Heimat der Pflanze; dort kommt die Wegwarte heute als Neophyt vor – ebenso wie in Ostasien, Amerika und Australien.
Ökologie und Bestäuber
Die Blüten der Wegwarte öffnen sich jeweils nur für einen einzigen Tag und sind im Hochsommer meist schon am Vormittag wieder geschlossen. Die Blühzeit variiert abhängig von Temperatur, Tageslänge und Anzahl der Blütenbesucher zwischen 4 und 7,5 Stunden. So kann es vorkommen, dass die Blüten im Oktober bis in den späten Nachmittag geöffnet bleiben. Der Hauptbestäuber, die Hosenbiene (Dasypoda hirtipes), fliegt etwa zur selben Zeit. Weitere Bestäuber sind andere Bienenarten, Schwebfliegen und Falter. Insgesamt wird die Wegwarte von etwa 38 Wildbienenarten besucht, darunter auch viele die sich auf Korbblütler und die Zichorie spezialisiert haben und nur hier sammeln, wie zum Beispiel die Stumpfzähnige Zottelbiene (Panurgus calcaratus). Durch die besonders lange Blütezeit bis über den Spätsommer hinaus, ist die Wegwarte außerdem eine besonders wichtige Nahrungsquelle für viele Insekten, wenn das Angebot sinkt.
Inhaltsstoffe
Wie der Alant besitzt auch die Wegwarte einen hohen Anteil an Inulin – bis zu 20 % in der Wurzel – was sie besonders für Diabetiker interessant macht. Inulin verwendet die Pflanze als Reservekohlenhydrat. Außerdem enthält die Pflanze zahlreiche Phytochemikalien, vor allem die Bitterstoffe Lactucin und Lactucopikrin, die beide Sequiterpenlactone sind und gesundheitsfördernde Eigenschaften besitzen.
Nutzung
Die Zichorie ist als natürlich vorkommende Pflanze in allen Teilen essbar. Die jungen, leicht bitteren Blätter können direkt als Salat gegessen werden; mit zunehmendem Alter werden die Blätter jedoch bitterer und der Geschmack weniger angenehm. Die Wurzel kann geschält direkt als Gemüse gegessen oder gedünstet und gekocht zubereitet werden. Möchte man die Bitterstoffe etwas mildern, hilft es, die Wurzeln eine Stunde in Wasser einzuweichen. Ohne Einweichen ist sie auch als Zusatz für Bitterliköre geeignet. Darüber hinaus kann die Wurzel als Kaffee-Ersatz verwendet werden, was seit dem 17. Jahrhundert praktiziert wird. Hierfür wird die Wurzel gereinigt, in kleine Stücke geschnitten und am besten einen Tag lang in der Sonne getrocknet. Anschließend werden die Stücke bei 200°C im Ofen für 10 bis 15 Minuten geröstet, bis sie dunkelbraun sind. Der Zichorienkaffee hat einen kräftigen Geschmack, jedoch fehlt ihm das Koffein, das im normalen Kaffee (Coffea arabica) enthalten ist.
Aufgrund ihrer zahlreichen Inhaltsstoffe wird die Wegwarte seit dem Altertum als Heilpflanze verwendet, zum Beispiel als Gallenmittel sowie zur Behandlung von Magen-, Darm- und Lebererkrankungen. Sie wirkt außerdem appetitanregend.
2020 wurde sie zur Heilpflanze des Jahres gewählt, 2005 zum Gemüse des Jahres und 2009 zur Blume des Jahres in Deutschland. Zudem wurden aus der Wegwarte viele Gemüsesorten gezüchtet, die man heute häufig im Supermarkt findet und denen man die Verwandtschaft zur Wildpflanze nicht mehr ansieht.
Kulturformen: Chicorée, Radicchio und Co.
Zu den Kulturformen, die aus der Wegwarte gezüchtet wurden, zählen Chicorée, Radicchio, Zuckerhut, Schnittzichorie und Puntarelle. Anders als beim Kohl, wo oft die Blüten durch Züchtung verändert werden (z. B. bei Brokkoli und Blumenkohl), konzentriert sich die Züchtung hier hauptsächlich auf die Blätter, die in Form von Knospen wachsen.
Über den Chicorée (Chichorium intybus var. foliosum) gibt es erste Züchtungserwähnungen ab 1830. Die Wurzel des Chicorées ist etwas kürzer, aber deutlich dicker als die der Wegwarte und erreicht etwa 15 cm Länge und 3 bis 5 cm Dicke. Nachdem die Pflanzen den Sommer über normal auf dem Feld gewachsen sind, werden die Wurzeln zwischen September und November geerntet und die Blätter entfernt, wobei die kleine Knospe an der Wurzel erhalten bleibt. Diese Wurzeln werden dann aufrecht in Kisten bis zu acht Monate bei -1 bis +3 °C und fast 100 % Luftfeuchtigkeit gelagert. Um den Chicorée zu erhalten, der im Laden verkauft wird, werden die Wurzeln in eine Nährstofflösung gestellt, wo sie in absoluter Dunkelheit innerhalb von 20 bis 25 Tagen eine blassgelbe, große Knospe austreiben. Die helle Farbe entsteht durch den Mangel an Chlorophyll in den Blättern, was gleichzeitig die Bitterstoffe reduziert.
Radicchio (ebenfalls Chichorium intybus var. foliosum) wird normal auf Feldern angebaut und enthält wie die Wegwarte gesunde Bitterstoffe, sowie eine Vielzahl an Anthocyanen, die ihm seine rote Farbe verleihen. Damit seine Inhaltsstoffe bestmöglich wirken, sollte er roh verzehrt werden. Hauptsächlich in Italien angebaut, tragen die verschiedenen Sorten oft italienische Namen.
Auch der Zuckerhut (Chichorium intybus var. foliosum f. cylindricum) wird normal auf dem Feld angebaut; seine Blätter wachsen jedoch weniger dicht aneinander und ähneln eher einem Romanasalat, während in der Mitte eine relativ dichte, zuckerhutförmige Knospe sitzt, die grüner ist als der Chicorée.
Gemeine Wegwarte Verwendung
Bei der Puntarella sind die Blattstiele und Leitbahnen im Vergleich zur Wegwarte stark verdickt und vergrößert. Die Verwandtschaft zur Wegwarte lässt sich hier noch gut an den gezähnten Blättern erkennen.
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