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AutorenbildMarco Kerp

Handwärmer und Kälteschutz für Pflanzen: So funktioniert die chemische Reaktion in Heatpacks

Aktualisiert: 25. Nov.

Handwärmer, die einmalig zu verwenden sind und auf Eisen basieren, werden seit 1923 kommerziell eingesetzt. Sie sind ungiftig, bestehen aus wenigen Inhaltsstoffen und gehen eine exotherme Reaktion ein, die Wärme über einen relativ langen Zeitraum freisetzt. Grundsätzlich können sie auch nützlich sein, um Pflanzen vor Kälteschäden zu schützen.


Aufgeschnittenes Heatpack mit sichtbarem Inhalt
Aufgeschnittenes Heatpack

Heatpacks als Kälteschutz für Pflanzen?


Neben der Nutzung als Körperwärmer bietet die lange Wärmphase bei relativ moderaten Temperaturen (durchschnittlich 46 °C) die Möglichkeit, empfindliche Pflanzen und Kleintiere wie tropische Garnelen auf dem Versandweg vor zu niedrigen Temperaturen im Winter zu schützen.


Pflanzenarten haben sich in ihren unterschiedlichen ökologischen Nischen an verschiedene Umweltfaktoren angepasst. Während Pflanzen in der gemäßigten Klimazone sich an verschiedene Jahreszeiten anpassen mussten – z. B. durch Blattabwurf im Winter oder durch eine Reproduktionsrate, die es ihnen erlaubt, nur einjährig zu gedeihen und als Same, Zwiebel oder Rhizom zu überwintern – mussten sich Pflanzen in Wüstenzonen vor allem an Trockenheit, hohe Temperaturen und starke Sonneneinstrahlung anpassen. Dies führt oft dazu, dass nicht verwandte Arten trotzdem aufgrund ihrer Überlebensstrategie ähnlich aussehen, wie etwa dickfleischige Blätter oder die typische, sukkulente Kakteen-Wuchsform, die die Oberfläche reduziert und Wasser spart. Tropische Pflanzen hingegen sind keine Jahreszeiten mit stark unterschiedlichen Temperaturen oder Lichtverhältnissen gewohnt, wodurch sie empfindlich auf Kälte reagieren können.


Trockener Blütenstand mit Eisüberzug im Winter
Trockener Blütenstand mit Eisüberzug im Winter

Auch Temperaturen zwischen 0 und 15 °C können starke Gewebeschäden bis hin zum Tod der ganzen Pflanze hervorrufen, was jedoch stark von der Resistenz der jeweiligen Pflanzenart, des Gewebes und der Dauer der Kälteeinwirkung abhängt. In diesem Temperaturbereich spricht man von Kälteschäden; sie haben andere physiologische Ursachen als Frostschäden unterhalb von 0 °C.

 

Obwohl sie seit langem bei uns angebaut werden, ist es z. B. noch nicht gelungen, Tomaten oder Kartoffeln zu züchten, die kälteresistent sind.

 

Niedrige Temperaturen beeinflussen viele Überlebens wichtige Funktionen in Pflanzen. Die einzelnen Zellkompartimente können geschädigt werden, wie z. B. die Membranen oder auch die Mitochondrien und Chloroplasten. Auch physiologische Funktionen können eingeschränkt werden, darunter der Wasserhaushalt, die Nährstoffversorgung, Photosynthese, Atmung und der gesamte Metabolismus.

 

Der Einfluss auf den Wasserhaushalt äußert sich hauptsächlich in der eingeschränkten Fähigkeit, Wasser über die Wurzeln aufzunehmen und nach oben zu transportieren, sowie in einer reduzierten Möglichkeit, die Stomata (Atemöffnungen) zu schließen und so den Wasserverlust zu verhindern. Ein Symptom der Kälteschäden ist daher das starke Welken der Pflanze.

 

Der Transport von Nährstoff Ionen und die Funktion der dafür benötigten Enzyme sind reduziert, was auch den Abbau von gefährlichen Nebenprodukten hemmt und den oxidativen Stress in den Zellen neben dem Nährstoffmangel erhöht. Dasselbe gilt für die Photosynthese und Zellatmung, da Enzyme bei niedrigen Temperaturen in ihrer Funktion gehemmt sind.

 

Diese Probleme sind stark von der Pflanzenart abhängig: Während die Knospen Heide nicht einmal bei Frost Schaden nimmt, benötigt die Mimose schon ab 10 °C einen Schutz. Eine Efeutute hingegen hält auch kurzzeitig Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt aus. Je nach Außentemperatur kann hier ein Heatpack helfen, um die Minimaltemperatur im Paket nicht zu niedrig werden zu lassen und gleichzeitig die Geschwindigkeit der Temperaturänderung zu reduzieren. Auch die Geschwindigkeit der Temperaturänderung hat einen großen Einfluss auf Kälteschäden an Pflanzen.

 

Chemische Funktionsweise und Inhaltsstoffe eines Heatpacks

 

Die Inhaltsstoffe variieren je nach Hersteller und Verwendungszweck, aber grundsätzlich besteht ein Aktivkohlewärmer hauptsächlich aus Eisenpulver mit 40–60 % Anteil. Daneben enthält er Wasser (20–30 %), Aktivkohle (2–6 %), Salz (1–3 %) und Vermiculit. Die Inhaltsstoffe sind in eine weiche, leicht luftdurchlässige Membran gefüllt, die eine Zufuhr von Sauerstoff ermöglicht. Sobald das Heatpack aus der luftdichten Plastikverpackung genommen wird, beginnt die Reaktion.

 

Vermiculit dient als Wärmespeicher, der die entstehende Wärme langsam abgeben kann. Außerdem wirkt es als Trennmittel und verhindert die Verklumpung. Was Vermiculit genau ist, kann in diesem Blogbeitrag nachgelesen werden.

 

Aktivkohle ist sehr porös und hat dadurch eine extrem große Oberfläche, auf der die Reaktion beschleunigt stattfinden kann. Sie dient ebenfalls als Trennmittel und Wärmespeicher und hält die Reaktion im Gleichgewicht.

 

Eisen (Fe) und Wasser (H₂O) reagieren zusammen mit dem Luftsauerstoff (O₂) zu verschiedenen Eisenoxiden und Hydroxiden, hauptsächlich zu Eisen(III)-hydroxidoxid: Fe(OH)₃, und wasserhaltigem Eisenoxid: Fe₂O₃ · H₂O. Die Hauptreaktion ist:


4 Fe + 3 O₂ + 6 H₂O > 4 Fe(OH)₃


Salz, in diesem Fall höchstwahrscheinlich Natriumchlorid (NaCl), dient als Katalysator, um die Reaktion zu beschleunigen. Es löst sich im Wasser in Na⁺- und Cl⁻-Ionen und erhöht die elektrische Leitfähigkeit des Wassers, wodurch der Elektronentransfer bei der Hauptreaktion erleichtert wird. Außerdem können sich Eisenchloride als Zwischenprodukte bilden, die selbst sehr reaktiv sind und weiter mit Sauerstoff reagieren können.




In dem Video kann man sehen wie heiß das Material wird wenn mehr Sauerstoff an das Eisenpulver kommt.


Berechnung der freiwerdenden Energie

 

Nun wird es sehr chemisch: Da wir eine definierte chemische Formel haben, können wir die Reaktionsenthalpie berechnen und dadurch auch die freiwerdende Energie (Wärme).

 

Um die Reaktionsenthalpie (ΔH der Reaktion) zu berechnen, benötigen wir die Standardbildungsenthalpien (ΔH°f) der beteiligten Substanzen. Die Standardbildungsenthalpie ist die Energie, die bei der Bildung von 1 Mol einer Verbindung aus den Elementen unter Standardbedingungen (25 °C und Normaldruck 1 bar) entsteht. Die Werte sind üblicherweise in kJ/mol und helfen uns, die Energie der Reaktion zu berechnen.

 

Die Standardbildungsenthalpien für die Reaktionsstoffe können typischerweise Tabellen entnommen werden.


  • Fe (Eisen, elementar): ΔH°f = 0 kJ/mol (laut Definition für elementare Stoffe bei Standardbedingungen)

  • O₂ (Sauerstoff, elementar): ΔH°f = 0 kJ/mol

  • H₂O (flüssig): ΔH°f = -285,8 kJ/mol

  • Fe(OH)₃ (fest): ΔH°f = -824,2 kJ/mol


Die Reaktionsenthalpie Δ𝐻 Reaktion wird berechnet, indem man die Summe der Standardbildungsenthalpien der Produkte von der Summe der Standardbildungsenthalpien der Edukte abzieht:


ΔH Reaktion = Summe aus ΔH°f der Produkte minus der Summe von ΔH°f der Edukte


Einsetzen der Werte:


Produkt:


Für 4 mal Fe(OH)₃ (-824,2) = -3296,8 kJ


Edukt:


Für 6 mal H₂O (-285,8) = -1714,8 kJ


Nun die Differenz:


ΔH Reaktion = -3296,8 kJ –(-1714,8 kJ) = -1582,0 kJ


Diese Berechnung gilt also für die Umsetzung von 4 Mol Eisen, was 223,4 g Eisen entspricht. Umgerechnet auf glatte 100 g Eisen entspricht die Reaktionsenthalpie -708,3 kJ. Da das Vorzeichen negativ ist wird Energie freigesetzt, die Reaktion setzt also 708,3 kJ Wärme frei. Ein Beispiel um zu zeigen wie viel das ist eignet sich Wasser ganz gut, um ein gramm Wasser um ein Grad Celsius zu erhitzen benötigt man 4,18 Joule, also könnte man circa 2,12 Liter Wasser von Raumtemperatur auf 100 °C zum kochen bringen.

Heatpack Pflanzen Kälteschutz

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